Ivi-Grammatikhaus

Markus Wirth, Gründer von learningssnacks.de, treffe ich bestimmt alle ein bis zwei Jahre auf einer Bildungsmesse. Meist will ich nur kurz an seinem Stand vorbei schauen, bleibe dann aber mindestens eine Stunde. Markus ist immer sehr interessiert an meinem Unterricht und natürlich auch daran, wie ich Learningsnacks einsetze bzw. welche Modifizierungsideen ich habe.

In meiner bisherigen Idealvorstellung von Unterricht arbeiten die Schülerinnen und Schüler an persönlich bedeutsamen Inhalten und haben immer die Möglichkeit, verschiedene Informationsquellen für ihre Arbeit zu nutzen. Wer z.B. beim Verfassen eines Textes an seinen Rechtschreib- oder Grammatikkenntnissen arbeiten möchte, sollte Zugang zu unterschiedlichen Informationsquellen haben, die ihn beim Lernen voran bringen. Das können Gespräche, Texte, Erklärvideos, Lern-Apps, Learningsnacks usw. sein. Natürlich müssen Schülerinnen und Schüler lernen Quellen (im Internet) zu finden und zu bewerten (vgl. KMK-Strategie „6.1 Medien analysieren und bewerten“). Insbesondere für jüngere Lernende kann das aber auch zu einer Überforderung führen.

Vor gut 15 Jahren habe ich deshalb mit einer Kollegin an einem Förderzentrum für den Deutschunterricht ein Grammatikhaus entwickelt. Verschiedene Themenbereiche wie Wortarten, Satzglieder, Zeichensetzung usw. haben wir unterschiedlichen Zimmern des Hauses zugeordnet und zu den einzelnen Themenbereichen Selbstlernmaterialien zusammengestellt. Die waren zunächst meist analog (Infotexte, Lernspiele, Arbeitsblätter, Anschauungsmaterialien etc.) und wurden zunehmend mit digitalen Lernmaterialien ergänzt. Zu dieser Zeit sind meine ersten Erklärvideos entstanden, vor einer grünen Tafel mit Kreide in einer Plastikfassung von TimeTex.

Markus und ich müssen über diese Idee gesprochen haben, jedenfalls schrieb er mir im September 2018, dass er gerne mein Grammatikhaus digital bauen würde. Einige Mails und fast genau ein Jahr später ist der erste Prototyp des Grammatikhauses fertig und hier zu finden.

Zunächst sind in den einzelnen Zimmern nur Erklärvideos zu finden, einige Räume sind auch noch leer. Im nächsten Entwicklungsschritt werde ich weitere Dateien und Dateiformate (z.B. Learningsnacks, Links, Audios, Arbeitsblätter etc.) integrieren können.

Der Aufbau des Grammatikhauses ist nicht hierarchisch zu verstehen. Es ist sicherlich sinnvoll Wortarten vor Satzgliedern zu thematisieren; Zeichensetzung an der Spitze des Hauses erfordert allerdings nicht die Kenntnis aller anderen Themenbereiche.

Es soll keinesfalls darum gehen, alle Themen des Grammatikhauses nacheinander zu behandeln und natürlich lernt niemand etwas, indem er nur die Videos schaut.

Das Grammatikhaus ist als Nachschlagewerk für Lernende gedacht, die bei der Arbeit an einem Thema merken, dass sie Informationen zu grammatikalischen Themenbereichen benötigen. Die grafische Aufbereitung als Haus soll insbesondere für jüngere Schülerinnen und Schüler eine übersichtliche Darstellung und somit leichteren Zugang zu den Lerninhalten ermöglichen. Natürlich ließen sich alle Lerninhalte auch über eine Webseite oder einen Blog abbilden, das Klicken durch mehrere Unterseiten ist für jüngere bzw. lernschwache Schülerinnen und Schüler meiner Erfahrung nach allerdings eine nicht zu unterschätzende Hürde.

Im Gespräch mit Markus ist noch eine weitere Idee entstanden. Lernende könnten im Laufe ihrer Schulzeit oder einer Unterrichtseinheit persönliche „Lernhäuser“ erstellen und Zimmer mit eigenen Lernergebnissen (Texten, Videos usw.) füllen. Lernende könnten in den Häusern ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler stöbern, hilfreiche Anregungen erhalten, von den Stärken der anderen erfahren und Lernergebnisse diskutieren bzw. weiterentwickeln. So könnte eine ganze Stadt mit Lernhäusern zu unterschiedlichsten Themen entstehen, die anderen zugänglich gemacht und diskutiert werden könnten.

Nutzt gerne das Grammatikhaus in eurem Unterricht, wenn ihr oder eure Schülerinnen und Schüler etwas damit anfangen können. Sobald ich weitere Materialien zu den einzelnen Themen einpflegen kann, werde ich das tun.

Habt ihr weitere Ideen zu Einsatzmöglichkeiten oder Entwicklungsschritten? Ich freue mich über Kommentare.